Wegweisende Studie Spitalinfektionen kommen wohl nicht von mangelhafter Hygiene

dmu

25.4.0204

Nach einer Operation verlängert sich das Leiden von Patient*innen immer wieder aufgrund einer Infektion.
Nach einer Operation verlängert sich das Leiden von Patient*innen immer wieder aufgrund einer Infektion.
picture alliance/dpa

Sterile Abläufe während einer Operation sind notwendig, um das Risiko einer Spitalinfektion zu minimieren. Eine neue Studie zeigt nun aber: In vielen Fällen ist der Ursprung chirurgischer Infektionen der Patient selbst.

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25.4.0204

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Tritt nach einer Operation eine Infektion auf, kann dies unter Umständen tödlich enden für Patient*innen.
  • Spitäler betreiben deshalb einen grossen Aufwand, um sterile Abläufe zu gewährleisten.
  • In vielen Fällen tragen die Patient*innen die gefährlichen Keime aber bereits auf der Haut, wie eine neue Studie zeigt.

Spitalinfektionen machen eine Operation noch gefährlicher, als sie ohnehin ist. Schätzungen des Nationalen Zentrums für Infektionsprävention Swissnoso zufolge erleiden in der Schweiz je nach Operationsart 1 bis 20 Prozent der Patient*innen eine sogenannte postoperative Wundinfektion nach chirurgischen Eingriffen. Die Folgen sind höhere Kosten, längere Aufenthalte im Spital und immer wieder auch Todesfälle.

In Operationssälen wird deshalb viel in die Prävention investiert. Eine neue Studie kommt nun aber zum Schluss, dass viele Spitalinfektionen gar nicht aufgrund mangelhafter Hygiene auftreten, sondern Keime, die bereits vor dem Eingriff auf der Haut der Patient*innen vorkommen, Auslöser sind. Konkret bedeutet das: Die Patient*innen infizieren sich während der Operation mehrheitlich mit den eigenen Hautbakterien.

Die neuen Erkenntnisse gehen aus einer Studie eines Forschungsteams an der Washington University unter der Leitung des Mediziners Dustin Long hervor, SRF berichtete zuerst darüber. «Schon frühere Studien nahmen das Bakterium Staphylococcus aureus ins Visier, das sich beim Menschen hauptsächlich auf der Haut ansiedelt», wird Long zitiert.

Resistente Keime auf der Haut

Im Rahmen der Studie wurde das Mikrobiom von rund 200 Personen, die sich einer Wirbelsäulenoperation unterzogen, analysiert. Vor dem Eingriff wurden alle Bakterien auf der Haut entlang der Wirbelsäule untersucht. Ist es nach der Operation zu einer Infektion gekommen, wurden Proben vom Infektionsherd genommen und mit den Hautproben verglichen.

«Über 80 Prozent dieser Infektionen deckten sich mit jenen Bakterien, welche die Haut der Patienten vor dem Eingriff besiedelten», so Dustin Long. Viele dieser Bakterien seien resistent gegen die sogenannte Antibiotika-Prophylaxe – vorbeugenden Antibiotika, die den Patient*innen unmittelbar vor dem Eingriff in die Vene gespritzt werden. Der Anteil resistenter Keime beträgt gemäss Studie 59 Prozent.

Möglicher Gamechanger in der Medizin

Die Studienresultate könnten für die Medizin wegweisend sein, zumindest sagt das Ralph Schär, Wirbelsäulenchirurg am Inselspital Bern, zu SRF: «Sie stellen die Präventionsmassnahmen in den OP-Sälen weltweit infrage.» Die Antibiotika-Prophylaxe müsse auf den jeweiligen Patienten personalisiert und abgestimmt werden.

Ob es in der Schweiz dazu kommen wird, ist ungewiss. Zumindest ist in der Wissenschaft dank der neuen Studie die Diskussion über eine individualisierte Infektionsprophylaxe eröffnet.

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